Big Brother is watching you…. (Januar 2009)


Kaum hat das Bundesverfassungsgericht den fleißigen Verkehrsüberwachern die Suppe versalzen, warten dieses schon mit neuen innovativen Ideen zur Verwirklichung des real existierenden Überwachungsstaates auf.

Blicken wir zunächst zurück in die Zeit vor dem 11.03. 2008 als die Kontrollfreaks und Überwachungsfetischisten noch hemmungslos ihrem Traum vom gläsernen Autofahrer lebten. So war es in 8 unserer 16 schönen Bundesländer laut der jeweiligen Polizeigesetze möglich Fahrzeugkennzeichen zu scannen und zu überprüfen. So haben im Jahre 2007 bereits ca. 1 Millionen Autofahrer ungewollt an der „automatischen Kennzeichenerfassung“ teilgenommen. Nicht nur, dass diese Teilnahme unfreiwillig geschah und jeden Fahrzeugführer erst einmal unter Generalverdacht stellte. Viel bedenklicher war unter anderem auch, dass die zugrunde liegenden Polizeigesetze größtenteils nicht einmal Anlass oder Zweck des Datenabgleichs definierten. Natürlich ist es erfreulich, anhand des Datenabgleichs gestohlene Pkw ausfindig zu machen oder Versicherungspreller zu jagen. (bei einer Millionen überprüfter Pkw gab es satte 300 Treffer, tolle Leistung!!)Weniger erfreulich ist jedoch der Umstand, dass auch die Erstellung großräumiger Bewegungsbilder der Bürger ohne weiteres hätte vorgenommen werden können. Da könnte man dem Bürger auch gleich aufgeben, sich vor Antritt einer jeden Fahrt telefonisch beim Straßenverkehrsamt, unter Benennung des Reiseziels, abzumelden…..

Dieses und vieles mehr ist dem Bundesverfassungsgericht an den geltenden Regelungen dann auch übel aufgestoßen, woraufhin am 11.03. 2008 die jeweiligen Regelungen der Polizeigesetze von Hessen und Schleswig Holstein für verfassungswidrig und nichtig erklärt wurden, welches im Übrigen auch für die anderen 6 Bundesländer gelten dürfte.  Eins zu Null für die Datenschützer.

Da man in einigen Bundesländern aber schon technische Geräte zur Kennzeichenerfassung für etliche hunderttausend Euro eingekauft hat, wäre es doch schade die schönen Lesegeräte sinnlos in irgendwelchen Amtskellern verrotten zu lassen. Also schnell ein paar bewusstseinserweiternde Mittelchen eingeworfen und fix etwas Neues überlegt. Das Ergebnis des Gedankenprozesses, wenn man ihn den so nennen mag, heißt Section-Control.

Eine Geschwindigkeitsüberwachung neuester Generation.

Die Section-Control funktioniert wie folgt:

Eingangs einer bestimmten Strecke werden alle Fahrzeuge von einer Anlage zur automatischen Kennzeichenerfassung, einem so genannten Lesegerät, erfasst. Am Ende der Strecke werden wieder alle Fahrzeuge automatisch erfasst. (Naaaaa, klingelts..? Da kann man doch prima die eingemotteten Lesegeräte wiederverwerten.)

Nun berechnet ein Computerprogramm aus Strecke und benötigter Zeit die Durchschnittsgeschwindigkeit eines jeden Fahrzeugs. Die Daten derjenigen Verkehrsteilnehmer, welche vorschriftsmäßig gefahren sind, werden bestenfalls sofort gelöscht, alle anderen Datensätze werden genutzt um umgehend und automatisch Bußgeldbescheide zu versenden. (ist sehr wirtschaftlich, spart Arbeitskräfte und bringt kräftig Mehreinnahmen). Nachteilig ist hierbei, dass wieder einmal jeder Autofahrer unter Generalverdacht gestellt wird. Jetzt ist es aber so, dass ich, wenn gegen mich keinerlei Anfangsverdacht besteht, nicht fotografiert werden will und meine Daten nicht aufgenommen werden, und schon gar nicht gespeichert oder sonst wie verwertet werden dürfen. Wollen  wir hoffen, dass es so bleibt.

Immerhin wurden auf dem Verkehrsgerichtstag in Gosslar, Ende Januar 2009 ähnliche Bedenken angemeldet und zudem festgestellt, dass das geltende Recht eine Einführung der Section-Control nicht gestattet. Der Gesetzgeber wurde daher mit knapper Mehrheit aufgefordert die gesetzliche Grundlage für die Einführung der Section-Control, bzw. für eine Versuchseinrichtung der Sction-Control in einem Bundesland, zu schaffen.

Immerhin soll die Section-Control nach Empfehlungen des Verkehrsgerichtstages nur an Unfallhäufungsstrecken eingesetzt werden, die Daten sollen nur für die Geschwindigkeitsüberwachung verwendet werden, eine Verknüpfung mit anderen Registern oder gespeicherten Daten soll unzulässig sein, Daten von Fahrzeugen, mit denen die Geschwindigkeit nicht überschritten wurde, sollen unverzüglich automatisch und spurenlos gelöscht werden, der überwachte Streckenabschnitt soll mit gut sichtbaren Hinweisschildern angekündigt werden.

Bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber sich an diese Empfehlungen hält und diese auch technisch sicher umsetzbar sind.

Sobald die gesetzliche Grundlage die Einführung der Section-Control gestattet, befürchte ich jedoch, dass es dann nur noch wenige Jahre dauern wird bis die aufgestellten Lesegeräte auch anderweitige Verwendung finden könnten, womit wir wieder beim gläsernen Autofahrer wären.

Fragt sich am Ende  nur noch, in welchem glücklichen Bundesland die Section-Control ausprobiert wird…..(bitte Herr, lass diese Arschkarte an NRW vorüberziehen..)

Big Brother….we are watching you….