Ja dürfen die das denn? (September 2007)


Ab und zu stöbere ich mal  im Internet nach den neusten Klatsch- Und Tratschmeldungen aus meiner Region. In der Regel entlocken mir die gefundenen Schlagzeilen nicht einmal mehr ein müdes Lächeln, was sich jedoch letzte Woche schlagartig änderte.

Es ist schon erstaunlich, was einem Motorradfahrer so alles zustoßen kann und macht zumindest nachdenklich…….

Die Hauptperson der zugrunde liegenden Schlagzeile ist selbstverständlich Motorradfahrer….naja, er kann Motorrad fahren, darf er aber nicht, wegen der fehlenden Fahrerlaubnis. Irgendwie hat unser Hauptakteur das mit der fehlenden Fahrerlaubnis wohl vergessen und bewegte augenscheinlich eine 125er recht flott frühmorgendlich durch eine große Stadt in NRW. Zu allem Überfluss war die 125er auch noch mit einem 50er-Kenzeichen ausgestattet, welches ursprünglich einmal für einen Roller ausgegeben wurde.

Da Geschwindigkeit und 50er-Kennzeichen nicht so recht zusammenpassen wollten, wurde die grün-weiße Rennleitung ziemlich schnell auf den Delinquenten aufmerksam und beabsichtigte diesen zu stoppen. Dieser dachte jedoch nicht im Traum daran, seine bis dahin schon strafbare Fahrt zu unterbrechen und gab Gas um seinen Häschern zu entkommen.

Naja, bis jetzt hat er schon so einige Delikte verwirklich, unter anderem Fahren ohne Versicherungsschutz und Fahrerlaubnis, diverse Verkehrsgefährdungen und Geschwindigkeitsüberschreitungen, um nur einmal die geläufigsten Tatbestände anzuführen.

Was nun geschah wird in einem ersten Pressebericht wie folgt beschrieben: „Eine Streifenwagenbesatzung rammte in einem günstigen Moment das Krad. Dadurch verlor der Kradfahrer die Kontrolle über sein Motorrad und stürzte. Er wurde schwer verletzt und konnte von der Polizei festgenommen werden.“

Eine weitere Pressemeldung der örtlichen Polizeibehörden stellte den Sachverhalt im nachhinein jedoch dergestalt dar, dass der Kradfahrer stark abbremste und der nachfolgende Streifenwagen nicht mehr rechtzeitig bremsen konnte und das Motorrad leicht touchierte, wodurch der Kradfahrer zu Fall kam. Selbstverständlich kam der Kradfahrer auch nur ins Krankenhaus, weil „größere Verletzungen nicht ausgeschlossen werden konnten.“

Ein Schelm, wer nun böses denkt!

Nun gut, wie es wirklich war wissen wir nicht und können es auch nicht herausfinden.

Nehmen wir aber einmal an, selbstverständlich rein fiktiv, die erste Schilderung der Geschehnisse wäre zutreffend, so stellt sich natürlich dem geneigten Leser sofort die alles entscheidende Frage: Dürfen die das denn? Dürfte die Rennleitung einen flüchtigen Motorradfahrer rammen um seine Flucht zu beenden?

Vorweggenommen lautet die Antwort ja und nein.

Grundsätzlich stellt es eine sehr gefährliche Handlung dar, ein fahrendes Motorrad zu rammen, da je nach gefahrener Geschwindigkeit schwerste Verletzungen oder gar der Tod des Motorradfahrers vorprogrammiert sind. Dieses hat die Rennleitung stets bei der Abwägung ihres Handelns im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu beachten.

Hierbei macht es z.B. einen Unterschied, ob „nur“ ein Verkehrsrowdy auf der Flucht ist, dessen Taten im Ernstfall mit einer Geldstrafe oder maximal einer Bewährungsstrafe geahndet werden, oder ob auf dem Motorrad ein richtig schwerer Junge (Bankräuber, Mörder etc.) flüchtet. Bei den schweren Jungs sind sicherlich härtere Mittel zulässig, als bei den weniger schweren. Letztendlich spielt sogar das Flucht- und Fahrverhalten des Delinquenten eine Rolle. Fährt dieser z.B. dermaßen halsbrecherisch und rücksichtslos, dass eine erhebliche Gefährdung Dritter vorliegt, könnte es durchaus gerechtfertigt sein den Flüchtenden zu rammen um die Fahr zu beenden. Ein milderes Mittel wäre jedoch die Verfolgung einfach abzubrechen, da dann damit zu rechnen ist, dass der Flüchtende

seine Fahrweise der nunmehr veränderten Situation anpassen wird und somit eine Gefährdungslage ebenfalls beendet wird.

Der Dreh- und Angelpunkt ist sicherlich, in welcher Situation der Flüchtende gerammt werden soll. Fährt er gerade sehr langsam, Schritttempo oder knapp darüber, ist das Verletzungsrisiko des flüchtenden ziemlich gering, wenn er von einem Streifenwagen sanft umgeschubst wird. Das Rammen eines flüchtenden wird in solchen Situationen häufig gerechtfertigt sein.

Da jedoch nur die Wenigsten im Schritttempo vor der Rennleitung flüchten, werden die eingesetzten Beamten weitaus häufiger mit der Situation konfrontiert sein, dass dem Kradfahrer schwere Verletzungen oder eben der Tod drohen, wenn dieser mit seinem Motorrad zu Fall gebracht wird. Sind solche möglichen Folgen auch nur annähernd absehbar, wird es in nahezu 99% aller Fälle nicht verhältnismäßig und damit rechtswidrig sein, einen flüchtenden Motorradfahrer durch gezieltes Rammen zu stoppen.

Da sich die meisten Beamten dessen sicherlich bewusst sind bleibt mit Beruhigung festzustellen, dass es sich bei dem geschilderten Fall, sollte denn die ursprüngliche Pressemeldung tatsächlich zu treffen, sicherlich um einen absoluten Ausnahmefall handelt.

In anderen Ländern herrschen da im Übrigen härtere Sitten. So ist es kein Geheimnis, dass in diversen Staaten der USA der flüchtende Biker erst vom Bike gerammt und dann gefragt  wird, was er denn verbockt hat. Man munkelt sogar, dass flüchtende Motorradfahrer auch schon einmal mit einem gezielten Schuss zum Anhalten überredet wurden……..

Nur gut, dass so was bei uns, zur Zeit wenigstens, noch undenkbar ist….

See you…..