Das Land der unbegrenzten Geschwindigkeit..? (März 2007)


Rein theoretisch ist es ja auf deutschen Autobahnen erlaubt so schnell zu fahren wie man will und kann. Vorausgesetzt es gilt gerade kein Tempolimit und die Verkehrssituation erlaubt den Geschwindigkeitsrausch.

Dumm nur, wenn man mit 200 Sachen unterwegs ist und vor einem wechselt so ne rollende Straßensperre von der rechten auf die linke Fahrspur und es hierdurch zur Kaltverformung des geliebten Untersatzes kommt.

Mopped und Knochen sind im Eimer, und jetzt fängt auch noch die gegnerische Versicherung an, die Ansprüche zu kürzen. Und dass sogar häufig mit Erfolg.

Grundsätzlich gilt auf deutschen Autobahnen die unverbindliche Richtgeschwindigkeit von 130 Km/h, sofern keine Besondere Geschwindigkeitsbegrenzung gilt.

Bewegt sich nun ein Fahrzeug mit deutlich höherer Geschwindigkeit, spricht die Rechtsprechung von einer Erhöhung der Betriebsgefahr, welche bei Unfällen oftmals für den geschädigten Schnellfahrer eine Teilschuld und somit eine Kürzung seiner Ansprüche nach sich zieht.

In einem solchen Fall hat das Oberlandesgericht Koblenz im Januar 2007 folgendes entschieden: (wer es nachlesen will: Aktenzeichen 12 U 1181/05, Urteil vom 08.01. 2007)

„Wer durch eine an sich erlaubte Geschwindigkeit von 200 Km/h einen Verkehrsunfall mit verursacht, hat allein wegen seiner Betriebsgefahr einen hohen Mithaftungsanteil zu tragen. Dies können 50 % sein, wenn dem Unfallgegner ein Verschulden ebenfalls nicht nachzuweisen ist.

Was war passiert?

Ein Autofahrer war mit seiner rollenden Straßensperre mit nicht genau bezeichneter Geschwindigkeit, auf der rechten Fahrspur einer Autobahn unterwegs. Als sich auf der Einfädelspur einer Auffahrt ein anderer Pkw näherte, wechselte er auf die linke Fahrspur.

Nach Abschluss des Spurwechsels schlug nun der andere Unfallbeteiligte, ein Motorradfahrer, mit ca. 200 Km/h, also der Wucht einer Persching-Rakete, in das Heck des Pkw ein.

Das Gericht konnte ein Verschulden des Pkw-Fahrers (z.B. Rückwärtigen Verkehr nicht beobachtet etc.) nicht nachweisen. Immerhin behauptete der Pkw-Fahrer, er sei zum Zeitpunkt des Einschlags bereits mehrere Sekunden auf der linken Spur gefahren.

Ebenso wenig konnte dem Motorradfahrer ein Verschulden, z.B. in Form einer Unaufmerksamkeit oder ähnlichem, nachgewiesen werden.

Nur zur Klarstellung, sicherlich hat jemand den Unfall verschuldet, sonst hätte es ihn ja nicht gegeben, aber es konnte nun mal niemandem nachgewiesen werden.

Aber auch für solche Fälle hat die Gesetzgebung vorgesorgt, da man als Fahrzeugführer eben nicht nur für Verschulden haftet, sondern allein aufgrund der Betriebsgefahr des Fahrzeuges bereits für Schäden haften muss, die sich eben aus dieser Betriebsgefahr ergeben. Auf ein Verschulden kommt es daher nicht unbedingt an.

Wie bemisst man aber die Betriebsgefahr in unserem Fall ?

Das Gericht argumentiert zutreffend, dass auf Seiten des Pkw der Spurwechsel, welcher bei herannahendem rückwärtigem Verkehr immer eine gewisse Gefahr darstellt, eine Erhöhung der grundsätzlichen Betriebsgefahr bedeutet.

Auf Seiten des Motorrades wurde festgestellt, dass die Überschreitung der Richtgeschwindigkeit um 70 Km/h ein erhebliches Gefahrenpotential schaffte und ebenfalls eine Erhöhung der Betriebsgefahr darstellt.

Nach Abwägung der beiderseitigen Betriebsgefahren kam das Gericht zu einer Haftungsquote von 50%.

(Dies bedeutet aber nicht etwa, dass jeder seinen Schaden ganz trägt, sondern dass jeder die Hälfte des gegnerischen Schadens zu zahlen hat.)

Nun mag der Motorradfahrer als juristischer Laie denken, es sei doch widersprüchlich, dass man einerseits so schnell fahren darf wie man will, andererseits, kommt es zu einem Unfall, gute Chancen hat zumindest zum Teil auf seinem Schaden sitzen zu bleiben.

Betrachtet man sich jetzt aber mal den Sinn und Zweck dieser Richtgeschwindigkeit, steht das Urteil gleich in einem etwas anderem Licht dar. Ich zitiere das mal sinngemäß, ist also nicht auf meinem Mist gewachsen!

Die Richtgeschwindigkeit wurde empfohlen um die Gefahren herabzusetzen, die aus dem Betriebe eines Kfz mit hoher Geschwindigkeit erfahrungsgemäß herrühren. Wer derart schnell fährt, führt zugunsten seines eigenen schnellen Fortkommens den gegebenen Unfallvermeidungsspielraum gegen Null zurück. Denn eine Geschwindigkeit von mehr als 200 Km/h ermöglicht es nicht mehr, Unabwägbarkeiten in der Entwicklung anderer Verkehrsteilnehmer zu erkennen und sich darauf einzulassen.“

Und da nicht jeder über die Reflexe einer Katze und das Fahrerische können eines Ghostriders verfügt, ist das mit der Bedeutung der Richtgeschwindigkeit ja auch gar nicht so verkehrt. Ein  plötzliches Fahrmanöver bei 200 Sachen geht nun mal eher daneben als bei 130 Sachen.

Also immer nur so schnell fliegen wie euer Schutzengel fahren kann….oder andersrum, Hauptsache Schnell!

See you….